Sarina Ernst
Ein zweites Zuhause
Rückblick ins Jahr 2010.
Meine Mutter hatte gerade Zeitung gelesen und dabei etwas sehr Interessantes entdeckt: Schauspielerei im Kupferdächle, „Das wäre doch was für dich“ sagte sie. Und sie hatte Recht. Ich war schon immer ein aufgeschlossenes Kind gewesen und hab mich auch selbst gerne zum Affen gemacht, um Anderen ein Lachen ins Gesicht zu zaubern. Da war Schauspielern doch das perfekte Hobby für mich.
Und so habe ich mit 13 angefangen zu Schauspielern. Da ich in einer Gruppe mit Gleichaltrigen war, hatten wir natürlich keine wirklich ernst zu nehmenden Stücke. Aber ich hatte sehr viel Spaß, mit meinen Freunden, die ich dort gewonnen hatte und ich fühlte mich sehr wohl im kreativen Schlaraffenland, das ich entdeckt hatte und in dem ich einfach alle Emotionen und Gedanken verarbeiten konnte. In dem Alter war das natürlich besonders wichtig. Leider musste ich diesen Ausgleich zu meinem “Schulstress“ dann für meinen Konfirmationsunterricht unterbrechen.
Rückblick ins Jahr 2013.
Nach meiner Theaterpause hat es wieder einen Anstoß für mich gebraucht, um zu merken wie sehr ich das Schauspielen schätze. Diesmal war es eine E-Mail unserer damaligen Theaterpädagogin. Der Beginn eines neuen Stücks zu den Internationalen Theaterspielen. Das klang schon nach verdammt viel Spaß. Falls man die Theaterspiele nicht kennt hat man echt etwas verpasst. Alle drei Jahre werden Theatergruppen der Partnerstädte Pforzheims vom Kupferdächle und dem Kulturhaus Osterfeld eingeladen. Jede Gruppe spielt ihr Stück und die anderen kommen als Zuschauer in den Genuss einer einzigartigen Erfahrung. Wann würde man sich sonst auch ein Stück auf Tschechisch anschauen, wenn man die Sprache doch gar nicht versteht? Das Faszinierende daran ist aber, dass man doch alles versteht. Emotionen, Beziehungen zwischen Charakteren, ihre Intentionen im Handeln, das alles trägt Theater so nah an einen heran, dass man der Geschichte automatisch folgen kann. Und oben drauf gibt es noch gemeinsame Theater-Workshops, die man mit den anderen Gruppen absolviert und sich so besser kennen lernt.
Zurück zu meinem Wiedereinstieg. Ich war diesmal in einer Gruppe mit durchmischtem Alter, eine tolle Erfahrung, da mein Freundeskreis bis heute plus, minus 10 Jahre von meinem eigenen Alter variiert und man dadurch die Welt immer aus verschiedenen Sichtweisen sehen kann. Natürlich ist man da auch erst einmal aufgeregt, als junges Küken in eine Gruppe mit vielen Menschen zu kommen, die älter sind als man selbst. Aber ich habe mich sofort wohl gefühlt. Das ist nämlich das Schöne an den “Theaterleuten“ und generell an den meisten Personen, die man durch das Kupferdächle kennen lernt, dass jeder aufgeschlossen und super herzlich mit einem umgeht. Wie soll man sich da nicht wohl fühlen? Und so kam es dann auch, dass ich bis heute noch im Kupferdächle bin.
Augenblick im Jahr 2020:
Ich liebe das Kupferdächle und das sag ich nicht einfach nur so dahin. Ich habe jetzt zwar viel über die Schauspielerei geredet, aber da gibt es noch so viel mehr was man erleben kann. Von Konzerten, über Karaoke, hin zu Zeichenkursen, Fotografien und, und, und. Durch den eigenen Jugendausschuss des Kupferdächle haben wir Jugendlichen sogar direktes Mitspracherecht in Sachen Renovierung, Personal, etc. Dem Ausschuss wird sogar die Möglichkeit geboten, ein eigenes Event auf die Beine zu stellen.
Außerdem eröffnen sich durch die neuen Bekanntschaften, die man im Kupferdächle macht, immer neuen Möglichkeiten. So konnten viele von uns Schauspielern schon in Kurzfilmen mitspielen. Unsere Jüngste hat sogar so begeistert, dass sie nach einer Aufführung direkt für ein Musikvideo angefragt wurde. Und ich durfte mich die letzten zwei Jahre als Moderatorin auf dem Easy am Hang Festival austoben, das übrigens auch vom Kupferdächle mitorganisiert wird.
Die Meisten wissen gar nicht, was für Möglichkeiten einem bei uns geboten werden. Wenige wissen z.B., dass wir auch ein Tonstudio haben, um Platz für kreative Musikbegeisterte zu bieten, oder dass wir generell mehr zu bieten haben als „nur den Poetry Slam“ (auch wenn der natürlich genauso super ist). Und ich rede hier bewusst im Plural. Schließlich fühle ich mich im Kupferdächle genauso wohl wie Zuhause. Die Leute, die ich dort kennengelernt habe umschließen meinen engsten Freundeskreis, selbst wenn einige dieser Personen nicht mehr in Pforzheim wohnen ist doch immer auf sie Verlass. Und das ist es worum es im Kupferdächle geht. Nicht nur um das kreative Ausleben seiner Hobbies, sondern darum, zusätzlich Kontakte zu knüpfen und sich zu fühlen, als hätte man ein zweites Zuhause und eine ganze neue Familie, die einem immer den Rücken stärkt.